Der Jahresbericht ist gedruckt, die Rechnung und der Budgetvorschlag für das nächste Jahr sind parat – aber die Jahresversammlung ist abgesagt. So geht es im Moment vielen Vereinen und auch unserer Kirchgemeinde. Wann wir unsere Assemblea nachholen können, die heute in Bellinzona hätte stattfinden sollen, ist noch ungewiss.
Abgesagt sind vorläufig auch die Gottesdienste in den Kirchen. Wir merken vielleicht in dieser Zeit, ob wir sie wirklich vermissen. Wir merken, was sie uns bedeuten.
In allen Religionen haben Menschen immer Formen gefunden, ihren Glauben auszudrücken. Solche Rituale können uns, besonders in unsicheren Zeiten wie den gegenwärtigen, Halt und Heimat geben.
Darum haben damals die Frauen nach dem Tod Jesu wohlriechende Salböle zubereitet und sich dann zu seinem Grab aufgemacht. Sie hatten wohl vor – Lukas (24,1-8) schreibt es zwar nicht ausdrücklich – den Leichnam zu salben und damit ihrem Freund und Lehrer zum letzten Mal etwas Gutes zu tun.
Aber es kommt anders. Das Grab ist leer, das Abschiedsritual wird abgesagt. «Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferweckt worden», wird den Frauen beschieden.
Bei Matthäus wirkt der Engel am Grab etwas freundlicher und verständnisvoller:
«Fürchtet euch nicht! Denn ich weiss, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten. Er ist nicht hier, denn er ist auferweckt worden, wie er gesagt hat. Kommt, seht die Stelle, wo er gelegen hat. Und macht euch eilends auf den Weg und sagt seinen Jüngern, dass er von den Toten auferweckt worden ist; und jetzt geht er euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Ich habe es euch gesagt.»
Mt 28, 5-8
Der Engel eröffnet den erschrockenen Frauen eine Perspektive für die Zeit danach: Sie sollen heimkehren, zurück in ihren Alltag. Dort sei Jesus jetzt für sie zu finden.
Auch wir sind immer noch zuhause. Vieles ist abgesagt, aber nicht alles! Es braucht vielleicht manchmal nur einen anderen Blick, um Dinge wieder zu schätzen, die wir als selbstverständlich betrachtet haben, und um das Wesentliche wieder zu entdecken hinter den vertrauten Formen, auf die wir noch verzichten müssen.
Die katholische Theologin Jacqueline Keune hat diesen Gedanken in einer «Corona-Litanei» formuliert. Sie ist hier zu finden: https://www.kath.ch/newsd/corona-litanei/
Gott möge euch alle behüten!
Liebe Grüsse
Brigitte